Ich denke, das ist eine ziemlich schulabhängige und demnach auch individuelle Sache. Ich hab daher auch nur meine eigenen Erfahrungswerte, hab mich im Rahmen des Studiums noch nicht wirklich mit Schulpädagogik etc auseinandergesetzt.
Ich hatte auch keine sonderlich schöne Schulzeit - hab die Schule gehasst :D-, erinnere mich aber an viele Pausen, in denen wir Kinder zusammen auf dem Hof gespielt haben oder später, in der Realschule, zusammen saßen und miteinander quatschten. Aus meiner eigenen Erfahrung resultierend halte ich diese Art des Zusammenseins für sehr wichtig, da eben dadurch die sozialen Kompetenzen geschult und ein gemeinsames Miteinander, ein Gemeinschaftsgefühl konstruiert wird. Außer den Leuten aus der Schule hatte ich nahezu keine sozialen Kontakte, da meine Eltern in dieser Hinsicht eeecht verkackt haben. Ich war schon als Kind super ruhig und eher zurückgezogen, wäre ich nicht täglich in der Schule gewesen, dann hätte ich teilweise 2-3 Wochen lang niemanden außer meiner Familie gesehen. In den ersten 3 Jahren der Realschule hatten wir auch "Arbeitslehre" oder "Hauswirtschaftslehre". Wir haben dann gemeinsam mit Materialen wie Holz, Ton, Metall, Stoffen etc gearbeitet und kleine Projekte gestaltet. In Hauswirtschaftslehre haben die Schüler*innen miteinander gekocht und gemeinsam gegessen. Ich weiß nicht, ob es das heute immer noch gibt. Ich glaube schon.
Was wäre dann außerdem mit Bildungsprogrammen?
Wir hatten über 4 Jahre ein wöchentliches ein Austauschprogramm mit französischen Schülern und wir haben uns abwechselnd in DE und in FR besucht, damit jeder mal etwas vom Schulalltag eines anderen Landes mitbekommt und die Sprachkenntnisse geschult werden. Das wäre digital schlichtweg nicht möglich.
Und was wäre mit Klassenfahrten oder Wandertagen?
Kinder, die absolut keinen Bezug zu einander haben, würde ich nicht einfach so mal auf Klassenfahrt für eine Woche schicken, für viele ist das aber der einzige Urlaub im Jahr.
Genau diese persönlichen Erfahrungen machen es für mich unabdingbar, dass Kinder gemeinsam mit anderen Kindern lernen sollten, auch face to face und ohne Bildschirm. Daher bin ich der Ansicht, dass es einen gesunden Mittelweg geben sollte: Einerseits die digitale Lehre, die Selbstdisziplin, eigenständiges Arbeiten und einen vernünftigen Umgang mit Technik und Medien vermitteln soll, (Medienkompetenz) aber auch gemeinsame Präsenzkurse, in denen man sich mit anderen Schülern treffen und austauschen kann. Das ginge auch wunderbar, wenn man gemeinsam an digitalen Projekten arbeiten würde: Gemeinsame Schul-Podcasts, gemeinsame Fotocollagen erstellen, gemeinsam Fotografieren und Bilder bearbeiten....es gibt soooo viele tolle Möglichkeiten, digitale Lehre und Präsenzlehre miteinander zu verknüpfen. Dass die momentanen Curricula für den Popo sind, dass steht außer Frage. Da läuft einiges schief, was so nicht schief laufen sollte. Lernen nach Humboldt komplett verfehlt. Schule, setz dich , wegen Verfehlung des Sinns 6 - !
Und ja, das stimmt, leider kann die Schule ein Ort von negativen Erfahrungen sein, und in manchen Fällen ist das wirklich extrem und furchtbar. Das ist ein Problem, dass in der Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik auch schon lange diskutiert wird, die Maßnahmen zur Vermeidung von Mobbing in Schulen sind teilweise echt zum kotzen, weil in diesem Bereich trotz großer Mühen zu wenig passiert und die Dunkelziffer der Mobbingfälle wahrscheinlich ziemlich hoch ist.
Aber wie du schon sagtest, im Internet sieht das ganze leider auch nicht besser aus...da haben junge Menschen aber den Vorteil der
Anonymität, jemanden im Web zu verletzten geht meist schneller und ist damit einfacher, als jemanden auf dem Schulhof zu schikanieren.
Ich empfinde dein Argument diesbezüglich nicht ganz ausgereift, weil es sowohl im RL als auch im Web massive Schwierigkeiten gibt, die aber meiner Meinung nach nicht behoben werden können, wenn Jugendliche sich (sowohl als Täter wie auch als Opfer) noch anonymer und damit noch sicherer fühlen.
Der einzige Vorteil, den ich hier wirklich sehe, ist die Tatsache, dass Mobbing im Web "nur" mental trifft und mit keinen körperlichen Verletzungen einher geht und ein gefährdeter Schüler vielleicht auch eher den Mut aufbringt, die Person zu blocken/zu kontern/sich jemandem anzuvertrauen, weil dann die Hemmschwelle nicht mehr so hoch ist.
Im Umkehrschluss haben die Jugendlichen, die in der Schule sitzen und non-stop am Handy kleben genau so wenig Sozialkompetenz wie die Schüler, die den ganzen Tag vorm Laptop sitzen und im Alleingang Aufgaben bearbeiten. Nur das Zweiteren eine potentielle Möglichkeit zur Schärfung ihrer (sozialen) Sinne durch rein digitales Lernen eher verwährt würde.
BTW, ich liebe es, mit dir Sachen auszudiskutieren und verschiedene Perspektiven zu beleuchten. *_*
Falls wir da noch weiterquatschen wollen, sollten wir aber vielleicht ein neues Thema eröffnen.