1. Wie alt bist du?
- ich werde dieses Jahr 28
2. Wie definierst du dein Geschlecht?
- ich definiere mich als männlich. Der Vollständigkeit halber habe ich aber eine Transition hinter mir und wurde als Mädchen geboren.
3. Wie definierst du deine Sexualität?
- ich definiere mich als schwul, weil ich bislang ausschließlich Interesse an Männern hatte - ich schließe aber nicht kategorisch aus, mich vielleicht doch irgendwann in eine Frau zu verlieben.
4. Hast du dich bereits geoutet? Wenn ja, wie hat dein Umfeld reagiert?
- ich habe mich vor meiner Transition bei meiner Familie und ganz engen Freunden als Transsexuell geoutet, was für meine Familie eher eine Erleichterung war, meine Verhaltensweisen und Probleme zu verstehen, aber natürlich anfangs auch erstmal schwierig zu akzeptieren war. Das Thema Homosexualität kam dann eher in Folge dessen auf den Tisch, weil ich feste Freunde statt einer Freundin mit nach Hause brachte und sich besonders mein Vater wohl gewünscht hätte, dass sich meine Orientierung direkt mit ändert. Nach wenigen Jahren hat sich das aber einigermaßen verwachsen und mittlerweile ist Nichts davon in meiner Familie oder bei meinen Freunden ein großes Thema. Heute oute ich mich im realen Leben eigentlich schon lange gar nicht mehr - als transsexuell nicht, weil ich ja nicht mehr trans bin und als schwul nicht, weil mein Gegenüber das schon von selbst bemerken oder eben auch nicht bemerken kann.
5. Hat sich dein Leben seit deinem Outing verändert? Wenn ja, was hat sich verbessert, was ist schwieriger geworden?
- ich denke nicht, dass Outings mir je etwas gebracht haben. Sie helfen dem Umfeld, um zu verstehen, was mit einem los ist, sofern man selbst Probleme damit hat, aber verändern kann ein Outing im eigenen Leben meiner Meinung nach gar Nichts. Wenn man einfach zu dem steht, was man tut, dann muss man es Anderen auch nicht großartig erklären, denn Reden ist nunmal nicht tun.
6. Wenn du dich (noch) nicht geoutet hast, was hindert dich daran, diesen Schritt zu gehen?
- trifft nicht zu.
7. Warst du aufgrund deiner Sexualität mit Ablehnung oder sogar Hass konfrontiert (in sozialen Medien und im echten Leben)? Wenn ja, wie gehst du damit um?
- ich nutze im Prinzip gar keine sozialen Medien, weder aktiv noch passiv konsumierend (sofern man Video-Plattformen wie Youtube nicht als soziale Medien sieht). Im echten Leben würde ich sagen, man trifft zumindest in Deutschland nicht so wirklich auf große Probleme - zumindest als schwuler Mann bin ich mir sicher, dass sich die meisten Menschen eher überwinden müssten, in eine offene Konfrontation zu gehen, weil sie in der Realität nicht anonym sind und man physisch vor ihnen steht. Als lesbische Frau könnte ich mir vorstellen, dass man schneller einen blöden Spruch hört, weil die Hemmschwelle vermutlich niedriger liegt, sich mit einer Frau anzulegen - aber das kann ich nur mutmaßen. Die meisten dummen Sprüche habe ich bisher von Kindern und Teenagern gehört, weil in dem Alter ohnehin Alles noch sehr albern ist, was mit Beziehung zu tun hat und man als Kind vermutlich noch gewöhnt ist, dass Erwachsene nicht großartig darauf reagieren.
8. Welchen Rat würdest du einem jungen Menschen geben, der z.B. in der Schule oder in den Sozialen Medien mit negativen Reaktionen und Kommentaren in Bezug auf seine Sexualität konfrontiert ist?
- Das kommt auf das tatsächliche Alter des Menschen an. Einem Jugendlichen würde ich wohl sagen, dass es völlig unwichtig ist, was fremde Leute im Internet von seiner Sexualität halten und im realen Leben dass er Diejenigen vielleicht einfach Mal diplomatisch mit Fragen konfrontieren sollte: Warum sagt ihr xy? Was interessiert euch an meiner Sexualität? Ist das für euch so außergewöhnlich? Mit einer ruhigen, sicheren Naivität kann man Aggressionen relativ leicht aushebeln und wenn das auch nicht Hilft, dann sollte man sich Hilfe suchen.
Wenn es aber gar nicht um einen Jugendlichen geht, sondern eher noch um einen jungen Teenager, dann würde ich diesem jungen Menschen gar Nichts raten können - ich würde aber seine Eltern fragen, was das Kind eigentlich alleine in sozialen Medien macht und warum sich nicht in der Schule schon gekümmert wurde. Ich finde nicht, dass Kinder selbst dafür verantwortlich sind, solche Probleme zu lösen, sondern dass es die Mindestanforderung im Job von Eltern ist, ihr Kind zu schützen - auch vor anderen Kindern, auch vor Lehrern, auch vor sozialen Medien und vor Allem vor sich selbst, wenn Kinder mit Medien umgehen wollen, es aber eben noch nicht können.
((Daher an dieser Stelle auch nochmal ein Lob an dich Nicole - ich finde es super, dass du das hier für Lea machst!))
9. Was würdest du Menschen mit Vorurteilen am liebsten sagen?
- Gar Nichts. Ich würde ihnen mitteilen, dass das leere Vorurteile sind, die sie da haben, aber ich denke nicht, dass man das weiter diskutieren kann. Jemand der Vorurteile hat, der wird sich dafür rechtfertigen, warum es in seinem Fall keine Vorurteile sind oder warum es ausgerechnet bei ihm ok ist, dass er sie hat, aber einsehen wird er es nicht, weil wir Menschen einfach nicht darauf ausgelegt sind, uns selbst als den 'Bösen' einer Situation zu sehen.