Diskussion zur Gender-Politik

  • Im amerikanischen Raum gibt es schon länger insbesondere in der SJW-Scene und Teilen des 3rd-Wave Feminism die Überzeugung, das innere Geschlecht, also das Gender, stehe in keinem direkten Zusammenhang zum biologischen Geschlecht und sei in Wahrheit ein soziales Konstrukt. In den Augen dieser Leute ist das Gender ein Spektrum. So gibt es angeblich eine Vielzahl von Genders wie beispielsweise hier zu sehen ist: http://gender.wikia.com/wiki/Gender_Wiki

    Ihre Forderung ist es, dass die Gesellschaft diese Geschlechter anerkennt und gegebenenfalls neue Pronomen konstruiert werden, um diese Geschlechter den beiden vorherrschenden gleichzustellen.

    Ich sehe diese ganze Sache eher kritisch und finde es eigenartig, dass jetzt anscheinend schon die Realität verbogen werden soll, um niemanden zu offenden. Ich bin selbst trans und muss für den Moment akzeptieren, dass andere Menschen mich als Mann wahrnehmen obwohl ich mich weiblich fühle.

    Wenn ich den Gedanken solcher Leute konsequent weiterdenke, könnte ich mich dann nicht auch als unglaublich attraktiv identifizieren und jeder, der das nicht so sieht diskriminiert mich?

    Wie steht ihr dazu? Vielleicht ist ja auch jemand dabei, der sich selbst weder männlich noch weiblich wahrnimmt. Ich würde gerne mal wissen, wie betroffene selbst das alles wahrnehmen.

  • Bin da völlig deiner Meinung - allerdings würde ich klar betonen, dass ich der Gender-Politik nicht _trotz_ meiner Transsexualität Nichts abgewinnen kann, sondern unabhängig davon oder vielleicht auch gerade wegen der Tatsache, dass diese SJW-Konzepte sich auf die Fahne schreiben, für unter Anderem Trans zu sprechen. Ich distanziere mich davon ebenfalls ganz klar und halte Nichts davon Menschen ihre Wahrnehmung vor zu schreiben - wie ich mir auch meine nicht vorschreiben lasse.


    Zu der Sache mit den Pronomen - ich habe letztens Mal mitbekommen, dass New York schon so weit sein soll, ein Gesetz erlassen zu haben, nachdem es strafbar ist, eine Person nicht mit ihren gewünschten Pronomen anzusprechen (einschließlich der drölf konstruierten) und das auf mehrere Tausend Euro Strafe umzurechnen ist, wenn es zu einer Anzeige kommt. Ich denke, das lasse ich aber Mal unkommentiert im Raum stehen, denn alle Vergleiche, die ich dazu ziehen könnte, wären keine schönen.

    Schwachfug aus meinem Leben:


    Er: weißt du...
    Ich: weiß ich..?
    Er: weiß nich, weißt du?
    Ich: wir sind voll ahnungslos - aber hoffnungslos genial \o.o/

    Einmal editiert, zuletzt von JohnDoe ()

  • Wenn ich den Gedanken solcher Leute konsequent weiterdenke, könnte ich mich dann nicht auch als unglaublich attraktiv identifizieren und jeder, der das nicht so sieht diskriminiert mich?

    Das ist wie wenn Leute sagen "Ehe für alle - dann heirate ich meinen Toaster! Und wer was dagegen sagt der diskriminiert mich und meine Liebe!" Man kann alles ins Lächerliche ziehen wenn man sich ein wenig anstrengt.


    In meinen Augen "verbiegt" es nicht die Realität, sondern passt sich ihr endlich an. Es gibt mehr als 2 Geschlechter und die gab es schon viel früher, als es jetzt wieder aufkommt. M.M.n ist Gender ein Spektrum ebenso wie es sexuelle/romantische Orientierung ist und es würde mich freuen sollte das auch gesetzlich anerkannt werden. Wie umsetzbar das allerdings ist alle Identitäten anzuerkennen (da wsl immer wieder neue Begriffe dazukommen werden) weiß ich nicht. Aber ich glaube, dass es schon ein riesen Schritt wäre wenn man eine dritte Option einfügen würde. Z.B. Kein Muss eines eindeutig m/w Namens oder Geschlecht als 3. anzugeben bzw Pronomen freizulassen.

    Pronomen ausdenken klingt zwar ziemlich absurd, ist allerdings nicht die Regel. (Kann aber nur aus meinem Umfeld/Bekannten/Freundeskreis erzählen) Für die allermeisten ist es voll ok Pronomen komplett wegzulassen. Danach kommt ein großer Teil der sich mit "they" wohlfühlt und dann nur ganz wenige die Xe, Hen, Dey oder andere Begriffe benutzen. Obwohl zumindest die Menschen in meinem Kreis auch oft dennoch mit er oder sie gezwungener Maßen zufrieden geben, weil sie wissen wie schwer es für Leute ist die nicht direkt betroffen sind das nachzuvollziehen/umzusetzen.


    Zu der Sache mit New York; Finde ich ehrlich gesagt ein wenig übertrieben mit der Geldstrafe, allerdings hoffe ich doch, dass dieses Gesetz auch einige Voraussetzungen hat wie zb mehrmalige persönliche Gespräche vorher, Pronomen schon länger am benutzen, mehrmaliges Daraufhinweisen etc. Andererseits ist es gut, wenn man sich auf eine gesetzliche Grundlage stützen kann. Egal ob Menschen es verstehen können oder nicht, der Respekt sollte derselbe sein und wenn man nicht auf friedlichem Weg ernst genommen werden kann, gehts eben auf dem anderen Weg.

  • Du triffst da ungewollt einen Vergleich, der genau falsch herum Fakt ist, Christopher - in einigen Ländern dürfen Menschen ihren Toaster heiraten, weil es eine Person (und ihren Toaster) nur ganz persönlich betrifft und nicht in die Wahrnehmung anderer Menschen eingreift. Allerdings ist es auf der gesamten Welt bislang kein belegter Fakt, es würde mehr als zwei Geschlechter geben. Das ist eine soziale Theorie, aber die echte Definition von Geschlecht besagt da bislang etwas anderes. Biologen fragt man zu dem Thema nur einfach nicht, weil deren Standpunkt sehr klar ausfällt und man ihre Antwort nicht hören will.


    Wie das in New York genau umgesetzt ist, weiß ich letztendlich nicht - ich hoffe einfach, dass das Gesetz nicht ernsthaft umgesetzt wird und nur ein symbolisches Entgegenkommen ist, weil man ansonsten Jeden anzeigen kann, dessen Nase einem nicht passt.

    Schwachfug aus meinem Leben:


    Er: weißt du...
    Ich: weiß ich..?
    Er: weiß nich, weißt du?
    Ich: wir sind voll ahnungslos - aber hoffnungslos genial \o.o/

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  • Christopher

    Die ganze Sache hängt auch sehr stark an der Definition von "Geschlecht" ab. Ich benutze einfach mal die englischen Begriffe Sex und Gender, um die Unterscheidung einfacher zu machen. Wir sind uns hoffentlich alle einig, dass es nur zwei verschiedene Sex gibt. Männlich und weiblich. Ich weiß, dass manchmal auch Menschen mit Merkmalen beider Geschlechter geboren werden aber das ist eine Mutation und nicht von der Natur vorgesehen (das ist natürlich kein Grund, solche Leute irgendwie zu diskriminieren). Die Frage nach dem Gender ist da schon komplizierter. Da hängt es von der Definition ab. Gender kann alles sein und das macht diesen Begriff in meinen Augen problematisch. Anhand welcher Kriterien definieren wir Gender?

    Es gibt inzwischen eine ganze Liste von verschiedenen Genders. Unter anderem sind da "Transmaskulin" und "Transmännlich" als zwei verschiedene Geschlechter aufgeführt. Was ist da bitte der Unterschied? Mir scheinen diese Geschlechter willkürlich aus der Luft gegriffen ohne jegliche rationale Grundlage.

    Außerdem: Jeder Mensch ordnet andere Menschen anhand deren Aussehen ein. Jeder Mensch kategorisiert automatisch in männlich und weiblich. Sollen wir das wirklich auflösen? Welche biologischen Merkmale ordnen wir bitte einem Geschlecht wie "Third Gender" zu? Wie soll das gehen? Ich will wirklich niemanden diskriminieren und wenn ein Individuum so fühlt dann sollte man mit ihm individuell umgehen. Aber die Welt kann am Ende einfach nicht komplett gerecht sein.

    JohnDoe

    Ich muss dir auf jeden Fall zustimmen. Ich empfinde es eigentlich als schlechten Witz, dass diese Leute meinen, für Transgender-Rechte einzustehen und im selben Atemzug mehr oder weniger behaupten, man könne sich sein Geschlecht aussuchen. Das tritt unsere Gefühle mit Füßen, da sie uns im Grunde unser Leid, im falschen Körper zu sein, aberkennen. In ihren Augen gibt es keine falschen Körper.

  • ich halte davon nicht viel. wenn sich jemand nur dadurch diskriminiert fühlt, weil unsere sprache keine beschreibung hergibt, wie er sich fühlt hat er/sie/es einfach pech und muss damit leben.


    wenn die gessellschaft umgangssprachlich darauf reagiert und sich passendes vokabular mit der zeit irgendwie einbürgert, dann kann ich damit leben, weil es eine entwicklung ist und nicht von irgendwem bestimmt wurde.


    wenn ich der meinung, die sprache braucht für irgendetwas neue bezeichnungen, versuch ich meine worte in die sprache zu etablieren in dem ich sie öfters anwende. wenn andere diese worte verbreiten und irgendwann ganz normal benutzen, um so besser.


    das ist für mich der einzige richtige weg, etwas zur entwicklung einer sprache beizutragen.

  • Ich glaube, das mit der Unterscheidung zwischen Sex und Gender funktioniert eigentlich gar nicht mehr so einfach, weil es kaum auf die definierten Geschlechts-Identitäten anwendbar ist, die wir längst haben - und noch viel weniger auf die, die sich neu etablieren.


    Sex:

    "Das biologische Geschlecht (englisch "sex") umfaßt das chromosomale, das gonodale,
    das hormonelle sowie das äußere und das innere genitale Geschlecht. Es bezieht sich
    also auf körperliche Geschlechtsmerkmale wie Chromosomensätze, Keimdrüsen, Hormone
    und Geschlechtsorgane."


    Gender:

    "Das soziale Geschlecht (englisch "gender") meint das psychische
    Geschlecht im Sinne der Geschlechtsidentität sowie das soziale Geschlecht im
    engeren Sinne bezogen auf Geschlechtspräsentation, Geschlechtsausdruck und Geschlechterrolle.
    Soziales Geschlecht ist durch die Bewertung von Aussehen, Körpersprache
    und Handlungsweisen, die als „männlich“ oder „weiblich“ eingestuft werden, stark kulturell
    definiert."


    (Originaltext)


    Wenn ich jetzt diese beiden Definitionen nehme und alleine nur Mal an Trans denke, dann müsste ich eigentlich zwischen Transgender und Transsex unterscheiden, denn auf mich persönlich trifft z.B. nicht alleine das männliche Gender zu, sondern ein überwiegender Anteil von männlich Sex ebenfalls - dagegen wären aber alle Trans-Personen, die ausschließlich sozial in ihrem Geschlecht leben, dabei aber keine körperliche Angleichung haben, laut dieser Definitionen Transgender.


    Eine Person, die aber beispielsweise trans oder nonbinär fühlt, ihre Geschlechtsidentität allerdings nicht erkennbar auslebt, würde von beiden Definionen so gut wie Nichts gegengeschlechtliches erfüllen - das würde bedeuten, sowohl Sex alsauch Gender dieser Person würden mit dem genetischen Geschlecht überwiegend übereinstimmen.


    Wir würden also auch hier wieder genau da anfangen, wo die Diskussion bei Geschlecht als kompaktes Wort für beides landet - nur mit dem Unterschied, dass hier sogar noch stärker kategorisiert wird.

    Schwachfug aus meinem Leben:


    Er: weißt du...
    Ich: weiß ich..?
    Er: weiß nich, weißt du?
    Ich: wir sind voll ahnungslos - aber hoffnungslos genial \o.o/

    2 Mal editiert, zuletzt von JohnDoe ()

  • Meiner Meinung nach ist das alles ein politisches Statement, das darauf abzielt die gängigen Geschlechtsrollen aufzubrechen und zu zeigen das man nicht nur männlich oder weiblich sein kann(also auf die soz. geschlechts Identität bezogen).


    Das sollte nur eigentlich auch gehen ohne Leute zu verklagen damit sie die richtigen Pronomen benutzen

  • JohnDoe

    Hat das Label Divers hinzugefügt