Studium

  • Joa, also wie ihr vielleicht am Titel erkennen könnt, ich habe vor, demnächst zu studieren. Allerdings will ich nicht mit meinem "alten" Namen, sprich Mädchennamen an die Uni gehen bzw. bei meinen Kommilitonen bekannt sein, sondern halt mit meinem Namen, dem, den ich mag. Ist es möglich das mit der Uni irgendwie zu klären? Bzw. meint ihr die helfen einem, wenn man noch keine offizielle Namensänderung hatte? Ich weiß nicht genau, wie das abläuft, aber es gibt bestimmt so Kurslisten oder? Wo dann alle Namen draufstehen? Soll ich einfach mal die Studienberatung an meiner baldigen Uni fragen? Danke für alle Antworten :)

  • Hier gab es schon eine ganz ähnliche Frage dazu: Trans in der Schule


    Allerdings läuft Uni und Schule ja doch stark unterschiedlich ab.


    Wenn ein Schüler in seiner Klasse sitzt, dann interagiert er am Tag mit sehr vielen Mitschülern, mehreren Fachlehrern, diversen Vertretungslehrern etc. - die alle haben in der Regel die schriftliche Info über Sitzpläne, wie ein Schüler heißt, kennen den Namen vllt. einfach schon auswendig oder müssen den Schüler eben nach seinem Namen fragen. Hat ein Schüler da nun einen Namen, mit dem er angesprochen wird und einen Namen, der in seiner Akte steht, dann ist das Verwaltungsaufwand, der enorm groß wird, wenn man eben bedenkt, wie viele Informationen da am Tag abgeglichen werden müssen. Zudem wird eine Schule ihre Akte niemals(!!!) schriftlich anpassen ohne geänderte Personalien. Das Darf eine Schule schlicht nicht. Es wäre also Entscheidung der Verwaltung, ob und wie sie einem transsexuellen Schüler entgegen kommen will und wie viel Aufwand sie dafür leisten will. In der Regel wird es nicht umgesetzt.


    Als Student sieht das deutlich anders aus. Auch hier würde dein alter Name in deiner Akte stehen und ganz offiziell bürokratisch wäre das auch nach wie vor der Name, mit dem man dich hinter den Kulissen beurteilt. Studium läuft aber anders ab, als Schule - du interagierst völlig anders mit allen Beteiligten und im Grunde ist es Jemandem, der eine Vorlesung hält, auch relativ egal, wer da nun alles vor ihm sitzt, zuhört und mitschreibt. Außerhalb von Vorlesungen mag das schon eher relevant werden, aber auch da finden Bewertungen anders statt, als in einer normalen Schule. Das heißt eine Uni ist in der Regel sehr schnell dazu bereit, in deiner Akte einen Vermerk zu schreiben, damit du dich mit deinem Wunschnamen z.B. in Listen eintragen kannst, weil das kein formell wichtiger Prozess ist. Du wirst nicht anhand einer Liste benotet.


    Wenn es dir also darum geht, dass du schriftlich zwar deinen Alten Namen weiterhin haben wirst, aber du mit dem nirgendwo auftauchst, wo es Mitstudenten und co. mitbekommen, dann solltest du dich einfach frühzeitig an die Uni wenden und das mit denen abklären. Kann sein, dass die einen Nachweis zu einer laufenden Therapie (vllt. sogar eine Beurteilung des Therapeuten) haben wollen und das ein wenig Vorlaufzeit braucht.

    Schwachfug aus meinem Leben:


    Er: weißt du...
    Ich: weiß ich..?
    Er: weiß nich, weißt du?
    Ich: wir sind voll ahnungslos - aber hoffnungslos genial \o.o/

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  • Ich würde denen das gar nicht so genau sagen, wohin die Reise ganz realistisch gehen könnte :D


    Schilder denen einfach, warum du gerne mit einem anderen Namen angesprochen werden möchtest, der nicht in deinem Ausweis steht und frag nach, wie man damit gemeinsam umgehen könnte.


    Sollte dir der Vorschlag dann nicht ausreichen, kannst du das ja mitteilen und ansonsten dürfen sie dir gerne so weit entgegen kommen, wie sie möchten, da sind nach oben hin von dir aus ja sicher keine Grenzen gesetzt ^^

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  • Irgendwie verstehe ich das Problem nicht. Wenn ich mehr oder weniger inkognito studieren will, warum machst Du kein Fernstudium? So habe ich meinen MBA online bei allensbach-hochschule.de gemacht, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Und im Internet kannst Du Dir jeden Namen zulegen, den Du willst

  • Also ich glaube nicht, dass du einfach sagen kannst, dass die dich dort bitte mit anderem Namen eintragen. In der Uni gibt es zwar weniger Kontrollen so wie in der Schule, aber in der Uni sind die Personalien deutlich wichtiger. Bei Klausuren müssen wir unseren Personalausweis vorzeigen. Solange du nicht offiziell deinen Namen geändert hast, kannst du da nichts machen, denke ich. Dafür gibt es zu viele offizielle Dinge an der Uni.

    Ich weiß, dass es unschön ist, aber du musst wohl erstmal akzeptieren, dass auf deiner Immatrikulationsbescheinigung und deinem Studentenausweis dein jetziger Name, den du nicht mehr tragen willst, stehen wird. Stell dich deinen Kommilitonen mit dem Namen vor, den du tragen möchtest. An der Uni sind alle deutlich toleranter. Geh außerdem einfach zu deinen Dozenten in den Seminaren und Übungen, sprich sie darauf an und wenn du einen guten Dozenten hast, wird dieser sich bestimmt notieren, dass du gerne mit einem anderen Namen angesprochen werden möchtest.

    Auf dieser Ebene sollte das eigentlich kein Problem sein.

    Aber in deinen Unterlagen wird dein jetziger Name auftauchen und auch auf Klausuren, solange du nicht offiziell deinen Namen geändert hast. In so einer Vorlesung sitzen (zumindest in meinen Studiengängen) weit über hundert Leute. Wird da eine Klausur geschrieben, werden immer zwei Dinge abgefragt: Dein vollständiger Name und deine Matrikelnummer. Wenn du jetzt deinen Wunschnamen da einträgst, obwohl in deinen Unterlagen ein anderer steht, gibt es da nur Probleme, weil die Angaben auf deiner Klausur nicht mit den Angaben in deinen Unterlagen übereinstimmen. Das musst du leider hinnehmen.

    In der Uni gibt es viele offizielle Angelegenheiten und die erfordern nunmal deinen Namen. Ich weiß nicht, ob es bei euch an der Uni auch Studip geben wird, aber dort werden zum Beispiel meine Noten eingetragen und die Anmeldungen finden dort statt. Deine Kommilitonen und auch deine Dozenten können dich über Studip kontaktieren und auch da wird auch dein momentaner Name stehen. Er wird in sämtlichen Listen so auftauchen, weil du in der Uni mit diesem Namen immatrikuliert bist. So wird dieser Name auch auf allen Klausuren und Tests stehen.

    Also, in kurz: sprich mit deinen Kommilitonen und Dozenten - sie sprechen dich bestimmt gerne mit deinem gewünschten Namen an. Wenn es aber um die Organisation und die offiziellen Angelegenheiten geht, wirst du deinen momentanen Namen akzeptieren müssen, bis du ihn offiziell geändert hast. Wenn du ihn änderst, musst du dich an die Uni wenden.

    Oh, und solltest du an der Uni in irgendeiner Form für deine sexuelle Orientierung oder dergleichen diskriminiert werden, hat deine Uni mit Sicherheit auch eine Beratungsstelle für solche Probleme. Meine Uni hat sie zumindest.

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  • Irgendwie verstehe ich das Problem nicht. Wenn ich mehr oder weniger inkognito studieren will, warum machst Du kein Fernstudium? So habe ich meinen MBA online bei allensbach-hochschule.de gemacht, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Und im Internet kannst Du Dir jeden Namen zulegen, den Du willst

    Irgendwie halte ich das nicht wirklich für einen klugen Ratschlag und zudem für sehr, sehr fragwürdig. Komplett anonym zu studieren bzw. nicht seinen amtlichen Namen dafür zu nutzen, würde in Deutschland mit ziemlicher Sicherheit nirgendwo anerkannt werden. Sowas funktioniert, wenn ich im Kegel-Club eine Urkunde bekomme, aber in allen echten Dokumenten wäre es waschechte Urkundenfälschung. Anonym wird man im Fernstudium in der Regel ausschließlich auf den Online-Plattformen geführt, auf denen man sich zusätzlich zu seinem vollen Klarnamen (den andere Studierende nicht sehen) eben einen Nickname gibt.


    Generell gibt es bei Fernkursen aber noch einen anderen Haken, den man nicht unter den Tisch fallen lassen sollte, denn das Ganze kostet im Regelfall Geld - und das nichtmal wenig - während man keinen Anspruch auf BAföG bekommt und die Kindergeldkasse ihre Leistungen auch gerne Mal einstellt. Wer ein Fernstudium plant, sollte also in erster Linie geregelte Finanzen haben oder das Ganze von seiner Familie abgesichert bekommen.

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  • Mein Problem ist, dass ich endlich einfach mal normal sein will und nicht immer der Freak. Ich will normal mein Leben leben und auch ganz normal an einer Uni studieren können ohne mich verstecken zu müssen. Aber ich will nicht, dass jeder weiß, dass ich trans bin weil ich dann eben wieder der schräge Vogel bin und wieder viel Scheiße zu hören bekommen werde.

    Aber anscheinend geht das ja nicht, vielen Dank an unseren Rechtsstaat, in dem jeder die gleichen Möglichkeiten und Rechte hat, solange er nicht aus dem 0815 Raster fällt:cursing: Soviel zum Schutz Transsexueller...


    Na ja, ich werde einfach mal mit der Campusleitung oder so sprechen und schauen, was ich für Möglichkeiten habe

  • Ich kann das schon ganz gut nachvollziehen, dass das für dich erstmal ein Schlag ins Gesicht ist, nicht einfach deinen Namen anders eintragen zu können. Da sitzt irgendwo in der Verwaltung mindestens eine Person, die einfach sagen könnte, dass es ok ist und schon wäre dein Name Uni-intern geändert.


    Das geht so einfach aber leider nicht - auch mit aller Toleranz nicht. Stell dir Mal vor, das würde man einfach so machen - wie willst du dann entscheiden, wer sich nun einen x-beliebigen Namen geben darf und wer nicht? Wieso soll das nur Jemand dürfen, der sich als trans definiert - und woher will man wissen, dass Derjenige das nicht nur behauptet, um unter fremden Namen krumme Nummern zu drehen?


    Und selbst wenn wir Mal intern zwischen Transsexuellen bleiben - wenn Jeder einfach ohne eine Datenänderung seine Personalien an offiziellen Stellen frei wählen könnte... wann wäre dann der Punkt, ab dem der alte Name ungültig ist? Wann wäre der Zeitpunkt, ab dem dich Niemand mehr mit deinem alten Namen führen darf? Das funktioniert nicht einfach so nach Lust und Laune, auch wenn es aus reiner Empathie wirklich schön wäre, weil es Alles einfacher machen könnte.


    Sprich erstmal mit der Campusleitung - dass es da Möglichkeiten gibt, weiß ich von anderen Studenten, die ebenfalls keine offizielle Datenänderung haben. Das beschränkt sich aber, wie Jody217 schon genauer ausführte, auf verbale Kommunikation. Du wirst deinen Namen schriftlich nicht frei wählen dürfen - und das wirst du auch sonst nirgendwo machen können, wo rechtskräftige Verträge eingegangen werden.


    Das Einzige, was daran letztendlich Etwas ändert, ist der Beschluss, der deinen Namen ändert - und auch der erst, sobald er rechtskräftig ist (das ist so ein Beschluss nämlich auch nicht sofort ab Ausstellung). Was aber vielleicht ein wenig tröstet ist, dass du das Alles ganz anders sehen wirst, wenn du diesen Beschluss erstmal hast, denn der mag zwar jetzt gerade sehr unfair auf dich wirken, weil du auf den noch warten musst - aber wenn du ihn erstmal hast, darf dich Niemand mehr mit deinem alten Namen führen, weil der amtlich dann ebenso wenig existiert, wie nun ein neuer Name.


    Und das ist dann auch der Punkt zum Schutz Transsexueller, denn das Alles ist tatsächlich der Schutz des Transsuexuellen - Schutz davor, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, ohne zu bemerken, wie ernst es wirklich ist. Da geht es nicht darum, nicht mehr 'der Freak' zu sein, sondern darum, dass es (in diesem Fall) Frau xy nicht mehr geben wird - sie wird nichtmal mehr eine Geburtsurkunde haben, denn sie war dann offiziell nie existent und damit muss Herr xy dann auch umgehen können, denn genau das ist man amtlich gesehen. Eine Anrede und ein Name.

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  • Lass dich nicht entmutigen. Momentan ist das alles noch unfair, aber du wirst sehen, dass es besser wird. Irgendwann wirst du deinen Namen ändern und dann ist das alles vergessen. Ich kann verstehen, dass es nicht schön ist. Du willst sein, wer du in Wirklichkeit bist und du willst auch, dass dein neuer Name überall eingetragen wird. Das wirst du auch kriegen, sobald du deinen Namen geändert hast.

    Wende dich an deine Dozenten, das kannst du auch schon im voraus tun. Du erfährst früh genug, wer dein Dozent ist. Geh zu ihm/ihr in die Sprechstunde oder schreibe diesem eine E-Mail und erläutere deinen Fall. Ich habe in meinen Kursen einige Leute, die mögen ihre Namen nicht und bitten den Dozenten, einfach den Spitznamen, mit dem jeder ihn/sie anspricht, zu benutzen. Und die Dozenten machen das dann auch. Wenn du jetzt Jennifer heißt und alle dich aber Jenny nennen, dann kannst du deinem Dozenten sagen, dass er dich mit Jenny ansprechen kann. Meine Dozenten machen das auch. Ich habe eigentlich einen Doppelnamen und alle Dozenten fingen anfangs an, mich bei diesem zu nennen. Ich habe ihnen gesagt, dass ich nur die Kurzform mag. Ist notiert worden. Hat sich erledigt.

    Auch wenn das ein anderer Fall ist, geht es mir darum, dir zu sagen, dass Dozenten sich sowas durchaus vermerken und es auch machen, wenn du nicht gerade die letzten Vollidioten von Dozenten hast. Sprich im voraus mit ihnen, damit ihr das nicht vor deinen Kommilitonen klären müsst. Oder geh zu Beginn des Kurses direkt zu deinem Dozenten.

    Glaub mir, an der Uni gehen die Leute viel toleranter miteinander um. Ich habe in meinen Kursen teilweise Leute sitzen, wo ich genau weiß, dass diese Paradiesvögel in der Schule für ihre Art gemobbt würden. Aber in der Uni werden sie akzeptiert und teilweise sogar gefeiert. Und du bist ganz sicher nicht der einzige, der dieses Problem hat. Du kannst dafür eine Lösung finden.

    Du schaffst das. Wende dich an die Uni, vielleicht gibt es da tatsächlich noch irgendwelche Möglichkeiten.

    Du wirst dich nicht verstecken müssen und du wirst auch nicht der Freak sein. Und du bist auch jetzt keiner und du bist auch nicht unnormal. An der Uni sind die Leute so viel offener und werden nicht nur tolerieren, wer du bist. Die Leute, die du kennenlernen wirst, werden es akzeptieren und dich genau dafür ins Herz schließen. In der Uni kann ich offen über meine Sexualität sprechen und ich wurde noch nie, wirklich nie dumm angeguckt. Und ich weiß, dass es auch bei uns Transexuelle gibt und ich habe noch nie, wirklich nie, gehört, dass einer von denen fertig gemacht wird. An einer Uni sind alle so unterschiedlich und gerade das wird es für dich dort leicht machen. In der mündlichen Kommunikation wird es einfach. Mit Glück musst du deinem alten Namen erstmal nur noch auf dem Papier begegnen. Das ist zwar immer noch nicht ideal, aber es ist ein erster Schritt.

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  • Was genau studierst du denn? Ich habe einen Bekannten der trans* ist und Germanistik und Anglistik studiert. Er stellt sich im Studium bei allen Leuten mit seinem neu gewählten Namen vor. Zu den Dozenten geht er vor den Vorlesungen, zeigt ihnen mit welchem Namen er auf der Liste steht und sagt ihnen wie er angesprochen werden will.

    Damit hat er bis jetzt (nach dem 1. Semester) keine negativen Erfahrungen gemacht und auch seine Komiliton*innen haben es gut aufgefasst, dass er männlich ist und sie respektieren es, auch obwohl er mit seiner Transition noch nicht anfangen konnte.

    Ich könnte mir aber vorstellen, dass es sehr vom Studiengang abhängt wie es im Allgemeinen aufgefasst wird.

    Dir viel Glück :)

  • JohnDoe

    Hat das Label Trans hinzugefügt