Gleichgeschlechtliche Anziehung und körperliches Selbstbild

  • Hey,


    ich will hier mal ein Thema ansprechen, worüber ich mir schon öfter Gedanken gemacht habe, und zwar den Zusammenhang von gleichgeschlechtlicher Anziehung und dem körperlichen Selbstbild.


    Ich persönlich mag meinen Körper, sehr sogar. Er ist nicht perfekt, hat "Makel" wie jeder andere auch und manchmal gibt es auch Phasen, in denen ich diese "Makel" stärker wahrnehme als sonst und mir mehr daraus mache. Aber meistens sehe ich beim Blick in den Spiegel (ja, auch nackt) eine attraktive Frau. Das soll jetzt wirklich nicht arrogant klingen. Eigentlich denke ich, dass sowas selbstverständlich sein sollte, aber das ist es ja offensichtlich nicht. Viel zu viele Mädchen und Frauen (Ich spreche jetzt aufgrund mangelnder Erfahrung nur von Mädchen und Frauen, aber es darf sich natürlich jeder angesprochen fühlen und seine Meinung dazu schreiben) sehen sich selbst viel zu kritisch, finden sich zu fett, zu hässlich oder aus sonstigen Gründen nicht "gut" genug, obwohl es an ihnen nichts auszusetzen gibt. Klar sind solche Aussagen oft Fishing-for-compliments oder nicht ganz ernst gemeint, aber ich denke, dass meistens trotzdem ein Stück Wahrheit dahintersteckt.


    Für diese Unsicherheiten gibt es natürlich viele Gründe, aber ein wichtiger Grund ist sicher die Angst, für potenzielle Partner nicht attraktiv genug zu sein. Und damit komme ich zum eigentlichen Thema. Wenn man als heterosexuelle Frau (die also selbst nicht auf Frauen steht) "den Männern" gefallen will, ist das oft schwierig, weil man nicht genau weiß, was "die Männer" (bzw. Menschen, die auf Frauen stehen) eigentlich an Frauen mögen. (Ich setze "die Männer" bewusst in Anführungszeichen, weil man das natürlich nicht pauschalisieren kann und Geschmäcker unterschiedlich sind - aber das ist ein anderes Thema.) Ein kleines Beispiel zur Veranschaulichung: Man ist sich nicht sicher, ob die eigenen Brüste vielleicht zu groß/klein/weich/fest/usw. sind, weil man selbst ja eben gar nicht auf Brüste steht (egal wie diese beschaffen sind) und dementsprechend den eigenen Geschmack nicht als "Anhaltspunkt" benutzen kann.


    Wenn man als Frau dagegen selbst auch auf Frauen steht, kann man seinen eigenen Körper immer damit vergleichen, was einem an anderen Frauen gefällt. Um beim obigen Beispiel zu bleiben: Ich mache mir keine Sorgen um meine Brüste, weil sie so sind, wie ich sie an anderen Frauen attraktiv finde. Das heißt selbstverständlich nicht zwangsläufig, dass andere sie an mir auch attraktiv finden. Aber es ist (zumindest meiner persönlichen Erfahrung nach) auf jeden Fall gut fürs Selbstbewusstsein.
    Ich würde also sagen, dass sich für mich die Tatsache, dass ich auf Frauen stehe, auch positiv auf mein eigenes Selbstbild auswirkt. Aber es gibt bestimmt auch Leute, bei denen das Gegenteil der Fall ist und bei denen es sich negativ auswirkt (vielleicht weil man eben nicht so aussieht, wie man es an anderen attraktiv findet?).


    Mir ist bewusst, dass das alles sehr theoretisch, oberflächlich und schwarz/weiß klingt und dass es in Wirklichkeit natürlich viel komplexer ist, aber ich wollte meine Gedanken möglichst kurz und verständlich zusammenfassen, sonst hätte ich hier ganze Romane schreiben müssen. Ich hoffe, ihr versteht einigermaßen, worum es mir geht und mich würde interessieren, was ihr dazu sagt, ob ihr euch darüber auch schon Gedanken gemacht habt, ob ihr meine Erfahrungen bestätigen/entkräften könnt und alles was euch sonst noch dazu einfällt.
    Ich freu mich auf eure Antworten. :)

  • Das ist wirklich ein sehr interessanter Gedanke, mit dem ich mich so noch nicht wirklich beschäftigt habe. Hm, wenn man mal so draüber nachdenkt, find ich, klingt es eigentlich ziemlich plausibel. Was ich bei mir mitbekomme ist, dass ich von Frauen, die ich attraktiv finde gerne etwas übernehme bzw mir etwas abschaue. Weil ich das, was ich an anderen schön finde, auch an mir selbst schön finde und umgekehrt. Und, wie du schon gesagt hast, habe ich deswegen auch keine Probleme mit meinen Brüsten.
    Mein Problem ist eher eine Grenze zwischen den Frauen, die ich attraktiv finde und von denen ich mich beeinflussen lasse und mir selbst zu finden. Einen Unterschied, etwas, das ich an mir selbst schön finde aber an anderen Frauen nicht oder an anderen Frauen, aber mir selbst nicht.
    Aber klar, so grundsätzlich ist es "leichter" als für Frauen, die hetero sind, da man sich selbst ja auch mit den Augen einer Frau die auf Frauen steht, sehen kann. Hetero Frauen können sich nicht mit den Augen eines Mannes sehen.

  • Ich melde mir jetzt auch mal als männliches Wesen zu Wort melden. Ich vergleiche mich auch häufiger mit dem, was ich selbst bei anderen Jungs attraktiv finde. Mein persönliches "Problem": Ich sehe nicht wirklich nach dem aus, was ich bei anderen attraktiv finde, mag mich aber trotzdem eigentlich ziemlich gerne :D (klingt das arrogant ? Ne oder ? :D) Manchmal versuche ich auch, was von anderen zu kopieren, allerdings fühle ich mich dann nicht mehr wirklich wie ich selbst, weswegen dann doch immer alles beim alten. Aber um zur Ausgangsfrage zurück zu kehren: Ich finde durchaus das es ein Vorteil für das eigen Selbstbild ist (kann man das so sagen ?) seien kann, einen aber vielleicht auch mal zu selbstkritisch werden lässt, wenn sich das eigene Selbstbild von dem Bild, was man bei anderen attraktiv findet, unterscheidet.

  • Ich hab mir da auch schon öfter Gedanken drüber gemacht und bin auch zu dem Schluss gekommen, dass es in gewisser Weise einfacher ist sich "attraktiv" zu finden, wenn man selbst auf das eigene Geschlecht steht. Mir is aber auch aufgefallen, dass es (wie @Kate0 und @Nicolas ja auch schon gesagt haben) oft dazu verleitet bestimmte Dinge von anderen Leuten übernehmen zu wollen, die man bei denen attraktiv findet, womit man sich dann aber letztendlich selbst unwohl fühlt. Ich persönlich war noch nie das "Klischee-Mädchen", aber in letzter Zeit habe ich immer mehr versucht mich sozusagen "weiblicher" zu machen, einerseits, weil ich das bei anderen attraktiv finde aber andererseits auch, weil ich dachte, ich hätte weniger Chancen oder so, wenn ich im Vergleich zu anderen Mädchen "nicht weiblich genug" wäre. Ich weiß, ich schweife ab, aber was ich damit sagen will ist, das es manchmal wirklich schwer ist, die Grenze zwischen Dingen, die man an anderen attraktiv findet und Dingen, die man an sich selbst attraktiv findet zu erkennen und dass ich glaube, dass Heteros es in der Hinsicht leichter haben. Der Post is jetzt wahrscheinlich nich besonders aufschlussreich, aber ich dachte ich sag auch mal was ich darüber denke xd

  • Genau den Gedanken hatte ich auch schon vor einiger Zeit.. Und ich denke, dass da auf jeden Fall was dran ist.
    Eine auch sehr theoretische Frage ist, wie kann man seinen eigenen Körper lieben, wenn man das gesamte (also die typischen "geschlechtsmerkmale" im Sinne von Tailie, Hüfte, Brüste, Schultern, etc) auch an anderen nicht mag? Finde das schwierig so zu sagen, aber den Gedanken da hinter gut..
    Ich denke, dass sich das bei mir persönlich auch positiv ausgewirkt hat und würde auch vorsichtig behaupten, dass, wenn man eine Statistik über sowas erheben könnte, Menschen die sich (auch) zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen, statistisch gesehen eine höheres Selbstbewusstsein haben.
    Das ist sehr verallgemeinert und soll auch gar nicht heißen, dass automatisch jede Lesbe n gutes Selbstbild hat, auf keinen Fall, aber nach meinen Beobachtungen könnte es da zumindest eine Tendenz geben..

  • Danke für eure Antworten. Cool, dass andere das auch so oder so ähnlich sehen wie ich.
    Zu der Sache mit der "Grenze" zwischen anderen, die man attraktiv findet, und sich selbst: Darüber hab ich mir bisher noch nicht wirklich Gedanken gemacht. Alles, was ich an mir selbst mag, mag ich eigentlich auch an anderen (ich fände es auch irgendwie komisch, wenn es nicht so wäre). Umgekehrt gibt es aber einiges, was ich an anderen attraktiv finde, an mir aber nicht, weil ich einfach der Meinung bin, dass es mir nicht steht.

  • Ob es daran liegt, dass ich lesbisch bin, dass ich mit meinem Körper zufriedener bin als jemand der Heterosexuell ist? Ein interessater Gedanke auf jeden Fall und etwas worüber ich vorher nicht nachgedacht hatte/hätte. Also tue ich das jetzt. Gefällt mir mein Aussehen, weil ich es bestimmte Attribute auch an anderen Frauen anziehend finde? Ich weiß es nicht. Ich würe nicht direkt sagen, dass es mit meiner sexuellen Orientierung zusammenhängt. Im Alltag betrachte ich Frauen einfach und stelle dann fest ob mir etwas an ihr gefällt oder nicht. Das hat erstmal nicht wirklich viel mit meinem Aussehen zu tun. Eher würde ich sagen, dass ich einigen Frauen begegnet bin, die zwar gepflegt aussahen ohne jedoch (viel) Schminke zu verwenden. Vielleicht mag das von mir Oberflächlich sein, aber mir vermittelt eine Frau die sich praktisch schminkt als hätte sie eine Maske auf, dass sie mit sich selber unzufrieden ist. Hingegen eine Frau, die sich dezent bis gar nicht schminkt, aber dafür von innen heraus strahlt für mich die Schönste ist. Das habe ich für mich auch übernommen und sehe es inzwischen so, dass ich zwar Makel habe, aber es genauso Dinge gibt, die mich schön machen wodurch ich zufrieden mit mir selbst bin. Hätte ich diese Meinung auch haben können wenn ich nicht lesbisch wäre? Aus dem Bauch heraus würde ich sagen ja, weil es nicht unbedingt mit der Sexualität zusammenhängt wie ich einen Menschen betrachte, andererseits würde ich dafür nicht meine Hand ins Feuer legen, da ich es ja nicht anders kenne und ich sagen muss ich betrachte Männer tatsächlich mit anderen Augen als Frauen.

    Man redet sich ein Dinge zu wollen, von denen einem die Gesellschaft
    sagt, dass man sie wollen soll. Frauen meinen immer, um zu überleben,
    müssten sie sich anpassen. Aber für manche Frauen ist Anpassung ist der
    Tod. Der Seelentod. Und die Seele ist etwas sehr Kostbares. Wenn man
    sein Leben auf einer Lüge aufbaut, dann beschädigt man seine Seele. (aus
    dem Buch "Lipstick Jungle" von Candace Bushnell)