Jugendamt...?!

  • Was haltet ihr von Jugendämtern?


    Letztens hatte ich eine heftige Diskussion mit zwei Bekannten von mir, die beide recht unterschiedlicher meinung sind. Der eine von den zweien und ich meinen, das J.ämter absolut unerlässlich und sinnvoll sind.. der Andere findets sinnlos, und die leute, die's brauchen (zitat) "erbärmlich".
    Meiner Meinung nach eine nicht haltbare und unmögliche Äußerung!


    Ich will keine Diskussion anregen über eventuelle Schlampereien vom J.A., die vielleicht mal in der Zeitung standen, sondern eure Meinung generell!


    LG

  • ich find jugendämter absolut sinnvoll weil es jugendlichen oder jungen erwachsenen die auf die schiefe bahn gekommen sind, unterstützt und hilft. erbämlich finde ich es sowas überhaupt nicht, über solche dummen kommentare könnte ich mich aufregen. die meisten jugendlichen die ihr leben nicht mehr im griff haben sind teilweise ja nicht wirklich selbst schuld da auch sehr viel vom elternhaus kommt. wenn jugendämter erbämlich sind, würden psychologen und all das ebenfalls sein. ich mein sowas sucht sich doch keiner freiwillig aus einen "schaden" zu haben!! und nicht umsonst sind jugendämter ein teil der sozialverwaltung.

  • Seh ich auch so, aber ich glaube da liegt der Punkt: Leute sehen das als erbärmlich an, weil sie denken, dass nur welche, die nen schaden haben da hingehn, aber dem ist ja nicht so.. Man muss nich kriminell oder sonst wie auffällig sein um da hingehen zu können..
    Jeder jugendliche der ein Problem zu Hause hat kann dort hilfe finden!

  • Jugendämter sind wie jedes Amt von der Grundidee her nicht verkehrt. Aber ebenso unfähig und inkompetent wie jedes andere Amt auch. Ursache ist hier zu viel Bürokratie, überregulierung und fehlender Bezug zur Materie.

  • Zitat

    der Andere findets sinnlos, und die leute, die's brauchen (zitat) "erbärmlich".


    irgendwie widerspricht sich das doch: wenn es Leute gibt, die das Jugendamt brauchen, egal ob sie nun erbärmlich sind oder nicht, ist die Arbeit oder die Existenz eines Jugendamtes durchaus sinnvoll. Man könnte genausogut sagen, Rettungssantitäter auf der Autobahn sind sinnlos, weil die Raser, die sie irgendwann einmal brauchen, erbärmlich sind. Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun.


    Was das Thema Jugendamt angeht, ist es leider so, dass noch zu viele Vorurteile darüber existieren, ala "wenn das Jugendamt kommt, nehmen die uns die Kinder weg". Dabei ist es genau diese Einstellung, die letztendlich dazu führt, dass man totschweigt und weitermacht, bis es gar nicht mehr anders geht. Dabei zielen die meisten Angebote des Jugendamtes, was diesen Bereich angeht, darauf ab, die Erziehungsfähigkeit der Eltern wieder herzustellen, so dass das Kind in der Familie verbleiben kann. Es gibt dafür eine ganze Reihe von möglichen Hilfen, die Familien in Anspruch nehmen können und die zusammengefasst sind unter dem Begriff "Hilfen zur Erziehung". Das umfasst ambulante Hilfe, wie z.B. ganz klassisch Erziehungsberatung, teilstationäre Hilfen wie z.B. Tagesgruppen bis hin eben zu stationären Hilfen wie z.B. Heim oder Pflegefamilie. Dabei sind, grade im Bereich der ambulanten Hilfen vieles als Angebote zu verstehen, die die Erziehungsberechtigten annehmen können, aber nicht müssen, ergo freiwillig sind. Es ist gesetzlich verankert, dass Pflege und Erziehung das natürliche Recht der Eltern sind, d.h. ihr Recht, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen, kann ohnehin nur bei einer großen Gefährdung außer Kraft gesetzt werden, d.h. bei Kindeswohlgefährdung. Und wenn so ein Fall vorliegt, kann das Jugendamt auch nur dann einschreiten, wenn das Familiengericht einen richterlichen Beschluss dazu liefert (Ausnahmen sind kurzzeitige Inobhutnahmen für Notfälle, d.h. wenn z.B. ein Kind von zuhause abgehauen ist, weil es täglich vergewaltigt wird, kann dieses Kind vom Jugendamt kurzzeitig außerhalb der Familie untergebracht werden, bis die Entscheidung des Familiengerichts über den endgültigen Verbleib kommt). Die "Macht" des Jugendamtes ist in dieser Hinsicht also sehr eingeschränkt.


    Darüber hinaus hat das Jugendamt noch viele weitere Aufgaben, grob gesagt hat das Jugendamt mit so gut wie allem zu tun, was öffentlich irgendwie für und mit Kindern- und Jugendlichen gemacht wird. So bestimmt das Jugendamt z.B. welche finanziellen Mittel den städtischen Jugendzentren zur Verfügung gestellt werden oder inwieweit freie Träger unterstützt werden. Frage deinen Kumpel doch mal, ob er das auch so sinnlos findet.

  • Ist ja schön und und gut aber längst nicht alle eltern lassen sich vom Jugendamt "helfen" unnd manche Eltern sehen es auch als ziemlich peinlich an wenn das Jugendamt eingreift.
    Das könnte dann vlt. als folge haben, dass die kinder noch mehr leiden müssen, weil die Eltern ihnen die Schuld daran geben dass das Jugendamt eingegriffen hat obwohl ja nichts"schlimmes" vorgefallen sei.

  • Zitat

    Original von fyrvidd
    ...Darüber hinaus hat das Jugendamt noch viele weitere Aufgaben, grob gesagt hat das Jugendamt mit so gut wie allem zu tun, was öffentlich irgendwie für und mit Kindern- und Jugendlichen gemacht wird. ...


    Richtig... nicht umsonst sind die Jugendämter meist die Ämter, mit dem größten Anteil am Gesamtpersonal der jeweiligen Gemeindeverwaltung...


    Kleines Beispiel für die Aufgabenvielfalt der Jugendämter gefälligt? :


    -Allgemeine Soziale Dienste


    -Kindertagesstätten {(öffentliche) Kindergärten, Tageseinrichtungen, Horte etc}, Kindergartenplatzbörse, Berechnung und Einziehung der (öffentlichen) Elternbeiträge


    -Freie Jugendarbeit (z.B.: Jugendzentren, Unterstützung der Träger der freien Jugendarbeit (Vereine, Jugendgruppen etc), Jugendfreizeiten, Ferienpässe usw)


    -Jugendgerichtshilfe


    -Streetworkerprojekte (Strichkinder, jugendl. Drogenszene etc)


    und so weiter und so fort...

    Ἄριστον μὲν ὕδωρ.


    Nam tua res agitur, pariens cum proximus ardet!!!


    Medio flumine quaerere aquam.


    Video meliora, proboque; deteriora sequor.


    "Das einzig wichtige im Leben, sind die Spuren von Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir weggehen."
    (A.Schweizer)


    Τὰ Καίσαρος ἀπόδοτε Καίσαρι καὶ τὰ τοῦ θεοῦ τῷ θεῷ.


    Quamquam sub aqua sunt,sub aqua maledicere temptant

  • Zitat

    Das könnte dann vlt. als folge haben, dass die kinder noch mehr leiden müssen, weil die Eltern ihnen die Schuld daran geben dass das Jugendamt eingegriffen hat obwohl ja nichts"schlimmes" vorgefallen sei.


    wenn das Jugendamt eingreift, ist das, steht das, was die Kinder- und Jugendlichen erleiden längst nicht mehr in einer Relation zu "ihr habt Schuld, weil das Jugendamt eingegriffen hat", es geht hier nicht um eine Ohrfeige für Petzen. Wenn ich sehe, dass ein Mann eine Frau vergewaltigt rufe ich auch die Polizei und sage nicht "ist ja schön und Recht, dass es die Polizei gibt, aber nicht alle Opfer rufen sie und wenn andere sie rufen, kann es sein, dass das Vergewaltigungsopfer noch mehr leidet, weil der Vergewaltiger dem Opfer die Schuld gibt, obwohl 2eigentlich nichts schlimmes passiert ist". Die letzte Konsequenz dieser Argumentation ist: lasst den Vergewaltiger ruhig weitermachen wie bisher. Statt Vergewaltiger könnte man auch missbrauchenden Vater, misshandelnde Mutter oder vernachlässigende Eltern einführen.


    Zweifelsohne ist die Sache sehr schwierig, da ein Eingriff natürlich Beweise erfodert und misshandelnde, vernachlässigte und missbrauchende Eltern sind nicht doof: wenn das Jugendamt auftaucht ist alles geschniegelt und kaum sind sie weg, geht es weiter wie bisher. Eigentlich weiß jeder, was passiert, auch oftmals die Leute vom Jugendamt, nur Handeln geht nicht, weil man sich ja nicht über Gesetze hinwegsetzen kann. Ein Beispiel dafür, das neulich in den Medien war, wäre der Fall einer "Mietnomadin", die von einer Wohnung zur nächsten zieht und alle vermüllt, sogar tote Tiere in der Wohnung. jedesmal wurden die Kinder aus diesem gesundheitsgefählichem Dreckloch herausgeholt, doch sobald die Frau eine neue Wohnung bezogen hatte, zogen die Kinder auch wieder ein. Der Grund: sie hatte dann eine saubere Wohnung vorzuweisen, d.h. der Grund, warum die Kinder herausgeholt wurden war beseitigt und sie hatte damit ihre "wiederhergestellte Erziehungsfähigkeit" bewiesen, all das gesetzlich verankert, ergo musste das Recht den Aufenthaltsort ihrer Kinder zu bestimmen an sie zurückgegeben werden - bis zur nächsten Verwahrlosung. Ein großes Problem ist auch, dass Kinder, je jünger, umso mehr, das, was ihnen in ihrer Familie widerfährt, verschweigen - aufgrund von Drohungen der Eltern, Angst vor den Eltern und Angst davor, aus den Familien herausgerissen zu werden. So absurd es klingt - und das ist eigentlich das wirklich Fatale an der ganzen Sache - haben Kinder naturgegeben immer eine Bindung zu ihren Eltern, selbst zu Eltern, die misshandeln, vernachlässigen und missbrauchen. Die Eltern sind die allerersten Menschen, zu denen Mensch eine zwischenmenschliche Verbindung aufbaut, das heißt, wie schlimm die Eltern auch sein mögen, sie sind die Basis für die Kinder, ja bei kleinen Kindern sogar das einzige "Tor zur Welt". Es besteht eine Abhängigkeit von ihnen. Das sorgt dafür, dass misshandelnde, missbrauchende und vernachlässigende Eltern ein leichtes Spiel haben, ihre Kinder zu bedrohen, unter Druck zu setzen und so zum Schweigen zu bringen. Bis ein Kinder oder auch Jugendlicher etwas gegen die eigenen Eltern unternimmt, ist es ein enorm langer Weg. Leider sind aber in vielen Fällen die Aussagen der Kinder/Jugendlichen der einzige Beweis. Und dann ist es wieder ein Fall von: jeder weiß es, aber kein kann etwas tun.